Mit Glück und Können
4.00 Uhr. Trotz Ohrenstöpsel werd ich wach. Es knallt überall. Der Wind hat wohl aufgefrischt. Die Wellen schlagen ans Boot. Sie Wandten klappern und surren. Ich bekomm kein Auge mehr zu. Oben an Deck sieht es allerdings noch recht harmlos aus. Auch die Boje hält uns sehr gut. Man bin ich froh, dass wir nicht ankern. Der Vollmond scheint durch die leichte Wolkendecke. Ein heller Lichtstreifen schimmert von Westen in unsere Bucht. Ein romantisches Bild – wäre nur der Wind nicht. Eine Viertelstunde später versuch ich es noch einmal mit schlafen. Und das klappt nochmal für 1 1/2 Stunden. Jetzt ist’s aber wirklich vorbei. Ich lese…
Um 7.00h geh ich auf Deck. Nun ist es die Morgensonne, welche die Bucht in ein warmes Licht taucht. Ein sehr schönes Bild an unserem letzten Segeltag. Ich dreh ein kurzes Video mit meinem Handy. Unser Boot schwoit an der Boje von links nach rechts. Ich setze mich zurück ins Cockpit und genieße die Sonnenstrahlen.
7.05 Uhr. Irgendwas ist komisch. Wir schwojen anders. Nein, wir drehen?!? Ich steh auf. Unsere Boje ist nun Backbord quer ab. Nein, das kann nicht unsere Boje sein. Doch, schei…e, das IST unsere Boje. „SEEBIIIIIIIII, an Deck, SOFORT!“ So laut hab ich mich in den letzten Jahren nicht schreien gehört. Wir liegen mittlerweile quer zum Wind. Und treiben. Hinter uns zwei andere Yachten, Steilküste oder seichtes Wasser. Der Motor muss vorglühen. Die 10 Sekunden sind eine halbe Ewigkeit. Wir treiben mit ca. 2-3 kn auf die anderen Yachten zu. Dann endlich – der Motor springt an. Sebi gibt Vollgas rückwärts. Die Steilküste wäre geschafft. Hinter uns jetzt der Zweimaster. 10m noch. 6m. Sebi gibt Vollgas vorwärts. 3m. 1m. Der Impuls wirkt. Wir fahren wieder in Richtung Steilküste. Jetzt haben wir so viel fahrt, dass das Ruder Wirkung zeigt. Sebi lenkt weg von der Küste. Achtern haben wir zum Glück soviel Platz, dass wir mit dem Heck gerade so die andere Yacht verfehlen.
7.08 Uhr. Sebi fährt in achten raus aus der Bucht. Dreht. Fährt wieder zurück in die Bucht. Dreht wieder. Fährt in achten raus aus der Bucht. Ich sitze im Cockpit. Das Adrenalin im Körper lässt meine Hände zittern. Ich kann nicht fassen, was gerade passiert ist. Die Bojen-Leine ist gerissen. Die Entscheidung ist gerade gefallen. An der Boje machen wir nicht mehr fest. Wir laufen aus. Zwei Minuten später steh ich in voller Regenmontur im Cockpit.
Mittlerweile sind wir schon zwei Stunden unterwegs. Den Schock haben wir inzwischen alle verdaut. Irgendwie sind wir alle froh, dass uns die Entscheidung abgenommen wurde. Die Wellen hier draußen sind bei weitem nicht so heftig wie die gestern. Sie überrollen uns von hinten und wir können sie absurfen. Teilweise machen wir 12kn über Land. Echt krass. Mal sehen, wann wir in Kos sein werden.
- Zwangspause
- Echt Türkisch Wasser (396 nM)