Pilotprojekt – Wie tief darf der Fluss sein?

Kilometerstand: 2.706 km. Den gestrigen „schmalen Grat“ unserer Launen haben wir heute verlassen. Unsere Akkus sind wieder aufgefüllt. Energiegeladen setzen wir uns ins Auto und fahren in Richtung Mývatn. Unser Ziel heute ist die Jeep-Piste F88 durchs Hochland, auch bekannt als „die Öskuleit“. Dies ist laut Reiseführer wohl die schönste aller isländischen Hochlandpisten. Sie soll uns 90km lang durch eine Lava- und Stein-Wüste führen, entlang dem isländischen Nationalberg „Herdubreid“. Einziges Manko dabei – es sind einige Furten zu durchqueren und es ist nicht sicher, ob wir dies mit unserer Reisschüssel schaffen.

Öskuleid - Route F88 to Askja

Von unserem Hotel aus bis zur Kreuzung N1 und F88 sind es ca. 130km. In Reykjahild am Mývatn tanken wir noch einmal auf. An der Einfahrt zur Öskuleid schalten wir unseren 4×4 Allrad Modus ein und los geht’s. Das erste Stück übernimmt Sabrina. Ich widme mich der Landschaft und knipse los. Die Landschaft ist wirklich schön! Die sandige Piste staubt fürchterlich, als wir mit guten 70 km/h darüber fahren und rächt sich an unserer kleinen Drecksschleuder immer mal wieder mit diesen hässlichen Querrillen, die jegliche Unterhaltung im Auto jäh versagen lassen.

Nach ca. 50 km auf dieser Piste werden wir gestoppt. Unsere erste Flussdurchfahrt steht an. Sabrina steigt souverän aus und übergibt mir mit gleicher Souveränität den Schlüssel mit der Aussage: „Dein Job!“ Zum Glück stehen die beiden großen Jeeps, die uns gerade überholt haben, ebenfalls noch am Fluss. Die sind voll bepackt, jeweils mit 5 Franzosen. Was unser Glück ist, denn die sind bestens informiert, haben schon einmal eine Flussdurchfahrt gemacht und die Lage auch schon sondiert. Sie fällen die Entscheidung, mit dem großen Jeep zuerst durchzufahren. Die Spannung steigt. Es setzt an und fährt durch. Klappt. Perfekt! Nun der andere kleinere Jeep hinterher. Klappt auch. Ich habe vorher noch sichergestellt, dass sie auf der anderen Seite warten, bis wir auch durch sind. Und nun wir: 4×4 Low angestellt, dritten Gang eingelegt und los geht es. Langsam rein und konstant durch. Das Flussbett ist recht hart, der Wasserdruck von der Seite nicht ganz so groß. Alles gut! Wir kommen durch. Keine 15 Sekunden später stehen wir am anderen Ufer. Jippieee!

River Crossing

Der nächste Streckenabschnitt führt uns ca. 6km durch einen ausgehärteten, dunkel-grauen Lavastrom. Der Weg ist kurvig und hügelig. Eine sehr schöne Abwechslung zu der bisher eher monoton wirkenden Sandwüste. Nach besagten sechs Kilometern kommt der nächste Hammer.

Wir fahren um eine Kurve und sehen die beiden französischen Jeeps am Straßenrand. Dahinter ein Fluss. Breiter. Mindestens doppelt so breit. Die Flussgeschwindigkeit ist ebenfalls deutlich höher. Und tiefer ist er auch. Das Wasser geht ca. bis zum Hüftknochen. Verdammt – ist hier nun das Ende der Strecke? Die Franzosen vertrauen ihrem Prinzip und schicken den fetten Jeep vorweg. Der kämpft sich durch die Fluten und es klappt. Als der „kleine“ Jeep ansetzt, kommt ein Fahrzeug entgegen. Zum Glück ein Rescue-Jeep des Nationalparks (also eine Art Notfall-Fahrzeug). Man, hat der Wagen große Räder. Er fährt durch, als ob da eine Pfütze wäre. Krass. Nun der andere Jeep der Franzosen. Der ist zwar kleiner als der erste, aber immerhin noch deutlich größer als unserer. Er kämpft sich durch. Langsamer, aber konstant. Er schafft es.

Nun wir. Ich aktiviere den langsamen Geländegang 4×4 Low. Das mit dem dritten Gang vorhin war mir ein wenig zu heikel. Ich wähle den zweiten Gang. Ab zum Ufer. Anhalten. Nachdenken. Soll ich wirklich? Noch einmal einen Blick in den Rückspiegel. Das Rescue-Fahrzeug wartet. Das beruhigt mich. Auf der anderen Seite: WARUM wartet es da? Wegen uns? Nein, bestimmt nicht, sonst hätte er uns gewarnt. Ich gebe Gas. Langsam schiebt die Reisschüssel nach vorne. Die Motorhaube taucht ein. Es spritzt fürchterlich. Wow ist der Fluss tief. Gut, jetzt ist’s zu spät. Immer konstant Gas geben und weiter fahren. Die Strömung drängt uns Flussabwärts. Ich lenke gegen. Das ist gar nicht so einfach. Das Flussbett ist deutlich lockerer. Ich merke, wie wir langsamer werden – und gebe mehr Gas. Die Wirkung gleich null. Und immer noch die Hälfe vor uns. Die Reisschüssel schiebt voran. Der Fluss wird seichter und wir nehmen mehr Fahrt auf. Geschafft? Gleich ist es geschafft. Die Franzosen auf der anderen Seite drehen ein Video von uns. Ich höre sie jubeln! Wir sind drüben. Ich steige aus und merke jetzt erst, wie weich meine Knie geworden sind.

Be Prepared

Jetzt nur noch eine – die letzte Furte für heute. Falsch, für den Hinweg. Verdammt! Diese Furte ist aber deutlich einfacher zu nehmen. Die einfachste sogar. Dahinter machen wir Pause. Eine dringend notwendige Pause. Mit einem wunderschönen Blick auf die Herdubreid, dem Nationalberg Islands…

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