Naturgewalten

Kilometerstand: 3.729 km. Der Kaffee im Reykjafjördur Hotel beamt mich weg. Leider nicht nach ganz vorne, sondern eher in die andere Richtung. Man ist der schlecht. Auch das restliche Frühstücks-„Buffet“ bestehend aus Toast, Marmelade, Käse und Wurst (die alles andere als appetitlich aussieht) erinnert eher an ein Bed & Breakfast als ein Hotel. Ganz so schlimm wie in Hvammstangi ist das hier nicht, dennoch weiterempfehlen würde ich es nicht wirklich. Ein Grund dafür evtl. auch das Badezimmer, was eine einzige Nasszelle ist – und nach der Dusche ohne Vorhang wird des diesem Titel auch gerecht.

Heute haben wir eigentlich nur vor, die ca. 300 km nach Höfn zu fahren und je nach Wetterlage ggf. zum Jökulsárlon zu fahren, um die blauen Eisberge im Wasser zu sehen. Ob das klappt – hier haben wir Nebel, Regen, Kälte und Wind. Also genau das Wetter, bei dem wir NICHT fahren würden.

Eastfjords - Splashing Water

Die Fahrt bis zur Kreuzung der Ringstraße N1 ist überraschend imposant. Wir kurven mal wieder um den einen oder anderen Fjord. Diesmal allerdings an der rauen Ostküste der Insel. Die ist gekennzeichnet durch schroffe, hohe Felsen mit grünem Moos-Mantel. Auf der anderen Seite der Straße geht es dann abwärts in die Tiefe. Die Wellen brechen an den Riffen oder laufen auf schwarzen Sandstränden aus. Irgendwo halten wir an und ich renne mit meiner Kamera näher ans Meer und betrachte das Schauspiel aus der Nähe. Wieder einmal überwältigt mich die Kraft des Wassers, als die Fontänen durch die Riff-Formationen direkt vor mir in die Höhe schießen.

Eastfjords

Ein oder zwei Fjorde später beobachten wir immer noch das gleich Spiel. Hier halten wir an einem der unzähligen Wasserfälle, die von den Bergen stürzen, um danach irgendwann im Meer zu landen. Jeder dieser Fälle wäre in Deutschland ein richtiges Highlight. Sicherlich mit Abgrenzzäunen davor, einem Ticket-Verkaufstand und Schlangen von Menschen, die nur darauf warten können, diese zu bestaunen. Hier auf Island schenkt man denen kaum noch Beachtung. Schade eigentlich.

Eastfjords - N1 to Höfn

Keine 50 km weiter schlängelt sich nicht mehr unsere kleine Nebenstraße, sondern die „große“ Ringstraße N1 um die Ost-Fjorde. Interessanterweise besteht diese N1 hier nun auch aus einer Schotterpiste. Krass, für die größte Straße Islands. Aber die werden wohl schon wissen, warum sie die nicht ausbessern. Nach einigen Kilometern sehen wir ein Schild: Temperatur 8 und Wind 21. Was sind doch gleich 21 m/sec? Wir rechnen um und kommen auf ca. 76 km/h. Oh ha, das kann ja interessant werden…

Windy Eastfjords - N1 to Höfn

Und das wird es auch. Keine 500m später erfasst uns die erste Böe und versetzt unsere Reisschüssel um eine Spur. Direkt auf die Gegenfahrbahn. Diesmal ist noch alles gut gegangen. Kein Deutscher Camper, der uns entgegen gekommen ist. Muss wohl gerade ein Schiff angekommen sein, hier gibt es mittlerweile mehr Deutsche Fahrzeuge als Isländische Schafe… An einer Bucht halten wir an und beobachten ein wenig, wie der Wind die Gischt der Wellen über das Meer jagt. Das sieht in der Tat so aus, als würde das Meer dampfen. Das ist allerdings unmöglich bei den Temperaturen hier. Also bleibt nur die These des Windes.

Eastfjords - N1 to Höfn

Die Fahrt ist anstrengend. Ich würde lieber Schotterpiste fahren als hier stetig gegen die Böen anzukämpfen. Steine sind nämlich irgendwie berechenbarer als Wind. Egal. Ich entdecke einen Berg, der irgendwie imposant aussieht. Das muss auf ein Foto. Ich steuere den Straßenrand an und ehe ich den weichen Untergrund bemerke, wird der ganze Wagen an den Straßenrand gezogen. Aus Schreck bremse ich und stehe – recht abrupt – im Sand am Straßenrand. Die Räder eingegraben in vier Kuhlen. Unser Hinterrad-Antrieb dreht lieber durch, als uns hier rauszuschieben. Der 4×4 Low streikt mal wieder. Ist das ein Mist – immer wenn wir diesen Antrieb benötigen, müssen wir 10 Minuten fummeln, bis er drin ist. Reisschüssel halt. Also probiere ich es mit dem normalen Vierrad-Antrieb. Lenkrad einschlagen, Rückwärtsgang rein und … alles ist gut. Wir setzen zurück und fahren auf die Straße. Mein kleiner, süßer, passiv-aggressiver Vulkan neben ist nun auch wieder etwas runtergekühlt. Sie will nur ein Foto von dieser Situation haben. Danach führen wir unsere Fahrt bis nach Höfn ohne erneuten Zwischenstopp fort.

Ughhh - Sand @ Eastfjords - N1 to Höfn

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