Wells Gray Provincial Park
Nachdem ich mich an den Gestank im Motelzimmer gewöhnt habe, ist die Nacht sehr gut rum gegangen und ich bin guter Dinge aufgestanden. Ich bin kurz zum nächst gelegenen (und auch einzigen) Supermarkt gefahren (der auch eine Tankstelle war) und wollte mir kurz eine kleine Milch und Philadelphia kaufen. Diese beiden Produkte haben so viel gekostet, als hätte der Ladenbesitzer diese persönlich importiert und dafür auch noch gaaanz viel Zollgebühren gezahlt (10$). Unglaublich – aber bevor ich das realisiert habe, saß ich auch schon wieder im Auto…
Nach unserem kleinen Frühstück sind wir dann als erstes in der Visitor Information Center gefahren, um uns über die Gegebenheiten im Park zu erkundigen. Die sehr nette Bedienung hat uns erst nach unseren Wünschen gefragt und danach sehr viele Tipps gegeben. Was wir nicht wussten war, dass es nur eine Straße in den Park gibt – 70 km lang – mit nur sehr wenigen und auch sehr kurzen (max. 5km langen) Stichstraßen. Hätten wir dies gewusst, wären wir in der zweiten Nacht direkt im Park geblieben – aber so hatten wir auch ein günstiges Hotel. Somit sah unser Plan für die folgenden beiden Tage so aus: Erster Tag – bis zum Ende der Straße fahren, einige Trails gehen und danach ein Kanu mieten. Am zweiten Tag im unteren Teil des Parks einige Trails gehen und dann in Richtung Süden aufbrechen.
Also sind wir los und haben als erstes an den Dawson Falls angehalten. Zuerst haben wir gedacht, die veräppeln uns. Denn wir sind den Parkplatz angefahren und haben gesehen, dass direkt am Parkplatz ein kleiner Wasserfall zu sehen ist. Ich war schon wieder zurück auf dem Weg zum Auto, als ich ein kleines Schild gesehen habe, in Richtung der „richtigen“ Dawson Falls. Also haben wir uns auf den Weg gemacht, durch ein Gebüsch und einen kleinen Wald. Dabei hat sich Sabrina noch einmal unfreiwillig von einem Moskito beißen lassen – der Stich ist dann mal wieder auf Faust-Größe angeschwollen…
Ein wenig weiter haben wir die Wasserfälle dann gefunden. Und die waren in der Tat größer. Und vor allem auch größer als alle anderen Wasserfälle, die ich bislang in diesem Urlaub gesehen habe (bis auf die Chakalacka Falls). Also die am Icefields Parkway waren nichts dagegen. Mir ist direkt in den Sinn gekommen, dass diese Fälle genau so aussehen, wie die Niagara-Fälle, nur in klein. Das habe ich mir im Nachhinein auch noch von vielen Bestätigen lassen, die auch beide Fälle kannten. Und es ist immer wieder faszinierend, wie mächtig Wasserfälle sein können. Die Wassermassen, die dort pro Sekunde hinunter stürzen, die tobenden Fluten, die entstehen, wenn diese Massen unten aufschlagen und nach oben spritzen, die Luft, die dabei nach oben gedrückt wird…
Nach einer kurzen Autofahrt sind wir dann an unserem ersten Wanderweg angekommen. Es sollte zu Ray’s Farm, zu den Natural Springs und zu einem See gehen. Also hab ich meinen Rucksack gepackt und wir sind los marschiert. Der erste Teil des Weges war super – es ging durch eine offene Wiese und viele der Blumen waren bereits am blühen! Somit schimmerte der Weg irgendwie rot, gelb, blau und weiß. Nur einige Minuten hat es gedauert, bis wir zu einer Quelle mit natürlichen Wasser gekommen sind – die erste dieser Art. Von hier hatte man einen schönen Blick über die Felder und auf Ray’s Farm. Diese bestand aus wenigen Hütten, in welchen die Familie Ray gewohnt hat – in den frühen 60ern.
Der weitere Weg führte uns durch dichteren Wald – sehr zur Freude von Sabrina. Ich muss schon zugeben, es war nicht der beste Weg, den wir gegangen sind. Zumindest haben wir ein paar Rehe gesehen, die sich auch durch den Wald geschlagen haben.
Nach ca. 20 Minuten kamen wir zu den Mineral Springs, einem weiteren Spot für Mineral Quellen. Hier haben wir dann ein deutsches Pärchen getroffen, das komplett außer sich war. Sie hätten irgendwo im weiteren Verlauf eine Schwarzbär-Mama gesehen, die ca. 10m von ihnen entfernt war. Dann haben sie noch beobachtet, wie die Mama die kleinen Kinder auf den Baum geschickt hat – um sie in Sicherheit zu bringen, während sie sich verteidigt. Das war der Punkt, an dem sie ganz langsam umgedreht sind. Sie hätten dann noch eine Gruppe Kanadier mit Kindern getroffen, die aber weiter gegangen sind…
Und nun hatten wir die Entscheidung zu treffen, 60 Minuten wieder durch das Gestrüpp zurück oder ca. 15 Minuten bis zum Ziel zu gehen. Also sind wir erst einmal ganz vorsichtig los, haben uns seeeehr laut unterhalten, immer in die Hände geklatscht und die Büsche sowie die Bäume nach Bären abgescanned. Denn wer sagt uns denn, dass der Bär sich nicht verzogen hat, und zwar genau auf unseren Rückweg?!? Irgendwie war das doch schon unheimlich, denn vor jeder Kurve habe ich den Rückzug geplant – aber wir haben uns darauf verlassen, dass die Bären wirklich sich nur verteidigen wollen und nicht angriffslustig sind – sonst hätten sie die anderen Deutschen bereits lang gemacht. Und durch unser lautes Gebrabbel haben wir schon gezeigt, von wo wir kommen und in welche Richtung wir gehen…
Also sind wir immer weiter und weiter und weiter… Wir haben dann auch mal platt getretenes Gras gesehen und verschiedene (frisch aussehende) Kot-Stellen, ohne zu wissen, ob das wirklich Bärenkot ist. Da haben wir dann noch lauter geredet und sind ein wenig schneller gegangen.
Irgendwann habend die Kotstellen dann aufgehört, das Gras war nicht mehr so platt und wir sind wieder ein wenig langsamer gegangen. Dabei haben wir dann die Entscheidung gefällt, dass dies unser letzter Trail an diesem Tag gewesen ist. Die anderen 1-2 haben wir somit gestrichen. Als wir am Auto angekommen sind, haben wir die Gruppe Kanadier getroffen. Die meinten, das mit dem Bär sei alles halb so schlimm – wir sollten froh sein, dass wir nicht wüssten, wie viele Bären uns auf unserem Weg beobachtet hätten…
Unser nächstes Ziel war dann der Clearwater Lake. Hier wollten wir ein Kanu mieten und ein wenig auf dem See rum schippern… Nachdem wir erst einmal alle Schilder übersehen haben und bis zum kompletten Ende der Straße gefahren sind (zum Boat-Launch), haben wir irgendwann auch mal die Kanu-Verleih-Station gesehen. Diese lag direkt an einem reißenden Flus mit Wasserfällen dahinter. Super! Sabrina war begeistert und ich konnte einfach nicht glauben, dass sie uns (bzw. alles Leute) dort aussetzen und ins Verderben rennen lassen wollten… Nach einem kurzen Gespräch hat sich jedoch herausgestellt, dass wir hier nur das Kanu bzw. die Ausrüstung dafür leihen konnten (und auch bezahlen), die Kanus aber am Ende der Straße lagen, was wir ja schon kannten. Diesmal haben wir keine 38$ für das Kanu gezahlt, sondern 40$ – mit dem Unterschied, dass wir einen ganzen Tag damit zur Verfügung hatten, anstatt nur eine Stunde am Lake Louise. Der Vermieter war echt nett, hat uns noch auf einige Kleinigkeiten hingewiesen und Routen-Tips gegeben (gut, die waren nicht schwer: zwei Stunden in eine Richtung, dann über den See und zwei Stunden wieder in die andere Richtung).
Mit dem Ausleihen hat alles geklappt und mit dem Boot zu Wasser lasen ebenfalls. Somit mussten wir nur noch unsere 7 Sachen packen und los ging es. Der anfängliche Weg war super zu meistern. Wir hatten Rückenwind – die Wellen waren auch schon so ca. 30cm hoch und wir sind sehr gut voran gekommen. Nachdem wir den See das erste Mal überquert haben, sind wir an einem Campground vorbeigekommen. Nicht schlecht – dort gibt es Campingplätze, die man nur mit einem Kanu erreichen kann. Eine coole Sache (find ich). Sabrina sprach irgendwas von anderen Personen, mit denen ich das machen könnte. Schade auch – aber wir hatten (zum Glück) ja eh kein Zelt dabei (und das Kanu auch nur einen Tage gemietet) J
Kurz nach dem Campground sind wir dann an eine Stelle auf dem See gekommen, wo wir einen super Einblick in die Berge und Gletscher-Landschaft bekommen haben. Super! Das war echt schön. Irgendwann ist der Wind dann aufgefrischt und ich hatte keine Lust mehr auf paddeln. Also hab ich unser großes Badehandtuch genommen, dies mit den Füßen am Kanu fixiert und mit den Händen in die Luft gehalten. So sind wir dann einige Meter gesegelt. Ich war begeistert – das Kanu hat sich dann auch nicht mehr in den Wind gedreht…
Irgendwann kam mit dann aber auch ein weiterer Gedanke. Rückenwind auf dem Hinweg bedeutet was? Genau: Gegenwind auf dem Rückweg… Mist! Also sind wir – wie empfohlen – wieder einmal über den See gepaddelt auf die andere Seite zum Ufer. Dort habe ich auch schon ein Kanu entdeckt, was immer Kreise gefahren ist. Ich dachte schon, die schauen sich etwas an Land an. Als wir dann durch die Wellenberge und hinter der Landzunge am anderen Ufer angekommen sind, musste ich leider feststellen, dass sich der Wind hinter der vermeintlichen Landzunge noch einmal beschleunigt hat. Super – nun wusste ich auch, warum sich das andere Kanu immer gedreht hat.
So ein Kanu ist nämlich seeeehr Wind anfällig. Es gibt eigentlich nur zwei optionen – entweder man lässt sich treiben und das Kanu dreht sich parallel zum Wind (und treibt immer weiter ab), oder man richtet es orthogonal, also mit der Spitze genau in den Wind und hält es so. Und das ist einfacher geschrieben als getan. Denn wie Wind nun mal so ist, dreht der sich auch schon mal – und sobald er das Kanu nur ein wenig von der Breitseite erwischt, war es das – bzw. kostet es immens viel Kraft, den Kahn wieder in den Wind zu drehen. Und das haben die Mädels im anderen Kanu nicht immer geschafft und sich fröhlich im Kreis gedreht. Echt ärgerlich, wenn man gegen den Wind 30m weit gekommen ist, der sich dreht, man ihn wieder ausrichtet und dann 25m dabei zurück getrieben wird…
Irgendwann haben auch meine Kräfte nachgelassen (denn ich saß hinten und musste dafür Sorge tragen, dass sich das Kanu nicht dreht, denn hinten kann man besser steuern). Wir haben am durchweg hügeligen Ufer dann einen „Sandstrand“ in der Breite von ca. 90 cm entdeckt und diesen angesteuert. Hier kamen dann auch irgendwann die beiden Schweizer Mädels an – also haben wir uns die 8mx0,9m Strand geteilt, haben noch nette Fotos geschossen und sind irgendwann wieder auf in Richtung Ablege-Stelle. Das Problem waren die Wolken, die nicht am Himmel waren, die Sonne, die sich im Wasser gespiegelt hatte und die Hitze, die aufgekommen ist (trotz heftigem Gegenwind). Wir mussten aufpassen, dass wir genug trinken und uns immer mit dem kühlenden Wasser bespritzten. So haben wir dann auch bis zum nächsten Anleger durchgehalten.
Hier sind wir an Land gegangen und haben gehofft, dass es zu unserem Anleger einfach nicht mehr so weit ist. Denn den Campground, welchen wir auf der anderen Seite anfahren wollten, haben wir nicht mehr entdeckt, so dass ich davon ausgegangen bin, dass wir noch ca. 10 Buchten in Richtung „Gegenwind“ mussten. Wir haben das Boot dann erst einmal am Steg festgemacht, um aus der am blauen Himmel scheinenden Sonne zu flüchten. Irgendwo am Rand haben wir nämlich Wald entdeckt!
Dort angekommen hat Sabrina erst einmal den Rest von ihrem Schokoladenkuchen nieder gemacht. Bei Schütz in New Jersey (vor vier Jahren) haben wir das immer „Death by Chocolate“ (Tod durch Schokolade) genannt. Denn nach so einem Ding hat man sich schon relativ platt gefühlt. Das Arbeiten ist zumindest seeeeeeeehr schwer gefallen! Auf jeden Fall kam dann irgendwann ein Pärchen umhergewandert, mit einem kleinen Hund. Den haben sie erst einmal ins Wasser geschickt, damit er nicht überhitzt! „Cool, dachte ich. Das sollte Sabrina mit mir auch einmal machen“ und hatte insgeheim schon einen Plan für die Ankunft an „unserem“ Steg…
Wir sind mit dem Pärchen dann irgendwann ins Gespräch gekommen und die wussten sogar, wo wir sind! Super – dachte ich – bis sie mir mitteilten, dass wir am Boat-Launch sind (also dort, wo die privaten Boote zu Wasser gelassen werden), dort, wo wir uns ganz am Anfang hin „verfahren“ haben. Da hab ich mal ganz schnell eins und eins zusammen gezählt und bin darauf gestoßen, dass nach Adam Riese und Eva Stein „unser“ Anleger in der nächsten Bucht sein muss. Also hab ich Sabrina ins Boot gejagt, wir haben unsere Sachen gepackt und sind wieder los gepaddelt, immer „Gegen den Wind“!
Und tatsächlich, nach der nächsten Bucht kam schon der Anleger. Verdammt, eine halbe Stunde Pause gemacht wegen 5 Minuten paddeln. Egal – so haben wir den netten Hund und das Prinzip der Abkühlung kennen gelernt – und das hab ich als nächstes angewandt. Ich wusste zwar, dass der See „schweinekalt“ ist, aber das war mir nach diesen Strapazen echt egal. Also kurz Anlauf genommen, abgesprungen und frohen Gemüts in ca. 10 Grad Wasser eingetaucht. Und das ist auch das letzte, an das ich mich erinnere. Danach war ich damit Beschäftigt, den Steg wieder hoch zu klettern. Fazit: DAS TAT GUT!!! Es war zwar echt ein wenig kalt und man mochte nicht wirklich lange drin bleiben, aber es war absolut erfrischend, eine Wohltat.
Als nächstes mussten wir das Knau noch schnell an Land bringen. Zum Glück hat uns ein Ost-Deutsche Pärchen geholfen, so dass wir es nicht raus ziehen mussten, wie der letzte Franzose, den wir hier getroffen haben. Dann sind wir schnell zur Ausleih-Station und haben noch die Paddel, Schwimmwesten etc. zurück gegeben. Dabei hat uns der Typ ein wenig verschämt angelacht nach dem Motto: „Hab ich schon gehört, dass es ein wenig windig war…“ Wahrscheinlich hat er die Schweizer Mädels zuvor getroffen und hat sich zusammenfalten lassen.
Auf dem Rückweg sind wir noch an den Helmcke Falls vorbei gefahren. Das sind irgendwie mit die größten Wasserfälle in – hmm – Kanada oder so. Das ist eh der Hammer, was nicht immer das größte und beste etc. ist. Eine Frage: „Was ist die größte Stadt der Welt?“ Meine Antwort: „Clearwater, B.C., Canada“ – man muss nur die Mücken pro Kubikmeter zu Grunde legen, dann passt’s… Ach ja, ich war bei den größten (wo auch immer) Wasserfällen (zumindest in diesem Park). Die waren echt schön. Wir fanden sie beide spontan schöner als die bisherigen, die wir gesehen haben (Chakalacka Fall, Athabasca Falls, etc…) Die waren so cool ausgehöhlt und sind mit einer Macht in die Tiefe gestürzt, einfach beeindruckend. Ich könnte mit die ewig ansehen.
Auf den restlichen 50km aus dem Park heraus zurück nach Clearwater (wo wir übernachtet haben) wollten wir noch irgendwo essen gehen. Sabrina hat auf dem Hinweg einen schönen kleinen Saloon ausgemacht, den sie schon im Kopf hatte. Also sind wir weiter und weiter und immer weiter, bis wir an dieser Ranch mit dem Saloon vorbei sind.
Wir haben kurz angehalten und sind rein – und das Essen sah echt lecker aus. Die hatten heute irgend ein Special mit Buffet, was die Familie von der Ranch selbst gemacht hat. Sehr auffällig waren auch die ganzen Deutschen, die dort hausten und aßen… So viele Deutsche wie in diesem Park habe ich das letzte Mal in Deutschland gesehen. Sonst waren ja hauptsächlich die asiatischen Kollegen sehr herausstechend – die sind ja überall aufgefallen.
Das Essen war auch in der Tat so lecker, wie es aussah. Viel länger haben wir uns hier aber auch nicht aufgehalten.
Wir sind noch ein wenig raus in den Hinterhof des Saloons (und es war in der Tat eine Ranch) und haben den Pferden beim Grasen zugesehen. Auf dem Rückweg gabs dann noch ein wenig Wild-Life zu sehen, aber nichts spektakuläres.
Richtig viel kann ich von der Fahrt auch nicht schreiben, denn nach der 7 Kurve bin ich eingeschlafen. Sabrina zum Glück nicht, dementsprechend hat sie sich auch noch hingesetzt und Postkarten geschrieben (im Motel dann).
- Jasper National Park
- Wells Gray und Fahrt in die USA