Der Icefields Parkway und Jasper
Verdammt – der Wecker ist auf 8.00h gestellt und er klingelt um 7.00h. Und was nun? Zum Glück war ich schon um 6.50h wach – so ganz von alleine. Also bin ich aufgestanden, hab Kaffee gemacht und mich mit der Tagesplanung beschäftigt. Irgendwann habe ich Sabrina dann auch sanft in den Tag geholt. Kurz fertig gemacht, Sachen gepackt, ins Auto geräumt und Wohnung bezahlt. Dabei haben wir raus gefunden, dass unser Vermieter doch eine Frau hat, denn sie hat abkassiert. Und glücklicherweise das Tax vergessen (also die Steuern nicht berechnet). Nun gibt es zwei Möglichkeiten: entweder das war so beabsichtigt und wir werden dem Staat gegenüber nicht abgerechnet oder der nächste Ehestreit ist vorprogrammiert – denn auf dem Schild stand, dass wir steuern zahlen müssten. Nun gut, unser Wagen kann definitiv auch einen Kick-Down leisten und wir waren binnen Sekunden verschwunden!
Noch in der Freude darüber, dass wir das Essen von gestern Abend wieder gut gemacht haben, ist uns wieder eingefallen, dass der Tank ja so gut wie leer ist und die nächste Tankstelle sehr weit entfernt ist. Aber wir wollten vor dem Icefields Parkway doch noch zu den zweithöchsten Wasserfällen Kanadas (den Takakkaw-Falls).
Dort sind wir auch erst einmal hin und haben den leeren Tank ignoriert – auch wenn ich mir bewusst war, dass es komplett meine Schuld ist, wenn wir liegen bleiben. Aber das gute war, Sabrina ist den Berg hinaufgefahren (und auch angekommen), und hinunter kommt man ja immer, oder?
Gut, am Parkplatz vor den Wasserfällen angekommen hat uns erst einmal ein Squirrel Kommando empfangen – um genau zu sein: Columbian Ground Squirrel (ich hab mich ja jetzt fortgebildet).
Nun lagen nur noch 500m Fußweg und eine Busladung „touristischer Touristen“ vor uns (diesmal vornehmlich Engländer – die kamen mir vor wie Leute von Scientology, so sahen zumindest die geprägten Namensschilder aus), bis wir zu den Falls vorgedrungen sind. Die Wasserfälle waren gigantisch – man konnte bis zum Fuß der Fälle gehen, um einmal erneut zu duschen. Aber – wir hatten ja unsere genialen Regenjacken dabei (und auch an!) und somit was dies für uns (im Gegensatz zu vielen anderen, die eigentlich Regen kennen müssten) ein reiner Spaziergang!
Der Rückweg war auch sehr spannend! Denn unsere Anzeige am Tank hat Bergauf noch seeehr viel Benzin angezeigt. Bergab war der tank eigentlich schon leer und ich habe nur darauf gewartet, dass das Auto ausgeht. Somit bin ich nur in „N“ den Berg hinunter gerollt. Im Tal angekommen hab ich das erste Mal in meinem Leben vor einem (fast) leeren Tank gestanden und überlegt, ob wir es wagen sollten, den Berg auf dem Highway hinauf zu fahren oder lieber in die Gegenrichtung zu rollen. Ich hab mich dann mal auf mein Bauchgefühl verlassen und bin in Richtung „bergauf“ losgefahren. Die erste Tankstelle (dachte ich) ist nach 40km in Lake Louise – das ist relativ eng. Als wir den Berg hinaufgeschafft hatten, ging es eigentlich auch nur noch bergab – glücklicherweise haben wir aber schon nach 3km eine Tankstelle entdeckt – und mein Adrenalinbedarf für diesen Tag war gedeckt!
Den Rest des Tages wollten wir uns mit dem Icefields-Parkway beschäftigen. Der höchsten Pass-Highway auf dem Kontinent Amerika, der sich zwischen Banff (bzw. Lake Louise) und Jasper erstreckt. Hier gibt es diverse Sehenswürdigkeiten, die wir zum Großteil anfahren wollten. Highlight am heutigen Tag: Columbia Icefiled (später mehr dazu).
Unser erstes Ziel war der Crowfoot Glacier. Ein Gletscher, der vor einigen Jahr-Hunderten „wohl so ausgesehen hat, wie eine Kralle einer Krähe“ (Crowfoot). Wieder der Whiskey… Im Laufe der Zeit hat sich der Gletscher aber zurück gebildet und nun ist kein Krähenfuß mehr zu erkennen. Das Eis, was wir gesehen haben, sah sehr sehr klein aus auf die Distanz. Ich hätte es auf 5-10m Dicke geschätzt – aber das ist anscheinend eine Täuschung. Im Text zum Gletscher stand, dass dieser ca. 50m dick ist. Optische Täuschung bzw. Fehleinschätzung sag ich da mal. Im übrigen kann ein Gletscher mit 5m Dicke vermutlich auch gar nicht funktionieren. Der Taut doch sofort weg…
Ein wenig nördlich lag dann der Bow Pass (höchste Stelle auf dem Parkway) und der Peyto Lake. Ein unwirklich aussehender See, so blau schimmert das Wasser. Dort sind wir zunächst eine kleine Rundtour marschiert, die uns zum Fuß eines Berges führte. Irgendwie habe ich mich die ganze Zeit gewundert, wo denn die ganzen Leute aus den Bussen hin sind – hier waren sie anscheinend nicht. Nun gut – ich war schon ganz schön platt von den Wanderungen an den Vortagen, dennoch hab ich mir ein Herz gefasst und bin den Weg hinauf, um ggf. auf den See zu schauen. Aber irgendwie musste ich immer höher und höher, bis in die alpine Region, wo keine Bäume mehr wachsen (und dann noch 30m höher, um über diese hinweg zu schauen).
Mein Herz kam dabei ganz schön ins Rasen – denn Sabrina habe ich versprochen, so etwas mit ihr nicht zu machen – also bin ich hoch gejoggt… bis mir „schwarz vor Augen wurde“ (mir ist nicht wirklich schwarz geworden, aber das sagt man doch so), dann bin ich weiter gegangen. Aber es hat sich gelohnt.
Der Anblick von oben war soooo genial. Erst das alpine nichts, dann Nadelwälder und mitten drin ein türkis-blau-schimmernder See!
Beim Abstieg nach ca. 15 Min. hab ich Sabrina dann wieder getroffen, sie kam mir auf halben Weg entgegen, denn sie wurde von Mücken den Weg hinaufgejagt. So haben wir gemeinsam dann noch ein wenig den Blick genossen. Weiter den Berg hinunter haben wir auf einmal Stimmen gehört – viele Stimmen. Und dann auch eine Aussichtsplattform gefunden, auf der sich die 13 Bus-Ladungen Menschen wieder gefunden haben. Von hier war der Ausblick auch schön – das lag anscheinend am See – aber längst nicht so schön wie die nach dem hart erkämpften Aufstieg.
Ein wenig später kam auch schon der Mistaya Canyon. Ein wilder Fluss hat einen Canyon in die Rockys geschlagen, der fast schon unter der Oberfläche lag. Was wir sehen konnten waren Wasserfälle und der Beginn des Canyons, welcher sich durch den Stein fräste. Und das Wasser arbeitet immer weiter. Oberhalb der Wasserwälle ist der Fluss schon recht reißend, so dass viele kleine Steine mitgerissen werden, die den Canyon immer weiter prägen… Das sah schon alles sehr spektakulär aus!
Wenige Kilometer weiter lag auch schon das Saskatchewan Crossing. Die einzige große Kreuzung auf diesem Highway, an welchem sich auch der Saskatchewan River auf den Weg Richtung gleichnamiges Bundesland macht. Hier gab es eine Tankstelle (die wir nach ca. 100km noch nicht brauchten) und einen Saloon, in welchem wir schön zu Mittag gegessen haben. Als kleine Stärkung für den Rest unserer heutigen Expedition. Etwas weiter die Straße hinunter kamen verschiedene Anhöhen und wir hatten wundervolle Blicke auf das Tal und die Flüsse darin.
Schon kurz darauf waren lag die Grenze zwischen Banff Nationalpark und Jasper Nationalpark vor uns – sowie das Columbia Icefield. Dies sollte unser nächster Stopp werden. Das Icefield ist ein gigantisches Eis-Feld (ähnlich einem Gletscher) mit Ausmaßen wie die Stadt Vancouver oder Seattle bzw. 95mal der Central Park in New York. Direkt unter dem Icefield schloss der Athabasca Glacier an. Die Attraktion hier waren die Ice-Explorer. Irgendwelche „Busse“ mit immens großen Reifen, die auf dem Gletscher fahren konnten. Leider sind wir nicht ganz auf das Icefield drauf gefahren – zu gefährlich weil Gletscherspalten etc. – sonder nur auf den Gletscher an sich. Hier hat uns der Busfahrer verraten, dass wir was von dem Wasser probieren sollten. Mit das klarste Wasser der Welt. Und Frauen werden über Nacht dann 10 Jahre jünger – bei Männern passiert das leider nicht!
Unser Ice-Explorer-Fahrer war mal echt cool und hat sehr viel erzählt. Er hat uns dann oben ausgesetzt und wir durften ein wenig auf dem Gletscher rum rennen – der an dieser Stelle 300m dick war. Wir sind den Empfehlungen unseres Busfahrers auch nachgekommen und haben von dem Wasser getrunken – ich hatte eh nen Brand wie ne Bergziege. Dabei ist mir fast der kleine rechte Finger abgefroren – verdammt ist Gletscherwasser kalt! Sabrina hat das auch probiert, und – was soll ich sagen – es hat zum Glück nicht geklappt mit den 10 Jahren, was soll ich auch mit einer halb so alten Freundin anfangen?!? Auf dem Weg zurück mussten wir dann wieder die 18%ige Steigung überwinden, die unser „Bus“ sehr gut gehandlet hat – dafür war er ja auch konstruiert!
Dabei hat unser Fahrer „Eric“ noch ein wenig erklärt – was es mit der Triple Divide auf sich hat. Dabei habe ich dann auch verstanden, was eine Great Divide ist. Aaaalso: Eine Great Divide ist eine Berglandschaft, die einen Kontinent/ ein Landstrich so teilt, dass sich das Wasser oben auf diesem Berg entscheiden kann, ob es „rechts oder links“ runter läuft und dabei in generel zwei verschiedene Meere fließt.
Und nun zur Triple Divide (triple = 3): Hier hat das Wasser drei Meere zur Auswahl. Und der eine Gletscher hier neben dem Icefield war genau so eine Triple Divide (und zwar die einzige Weltweit). Hier kann das Wasser in den Pazifischen Ozean nach Westen, in den Atlantischen Ozean nach Osten oder in das Arktische Meer nach Norden fließen. Cool, was? Endlich habe auch ich verstanden, was die Great Divide in Australien war…
Nach diesem 1,5 Std. Ausflug ging es dann immer weiter in Richtung Norden. Dabei ist uns mal wider aufgefallen, wie groß dieses Land ist. Ein Highway bis zum Horizont.
Rechst und links nichts anderes als Berge und Wald… Irgendwann kamen wir dann zu den Sunwapta Falls und später dann zu den Athabasca Falls. Die waren beide auch sehr schön, aber nachdem wir ja die Takakkaw Falls (intern bei uns die Chakalacka Falls genannt – sowie der echt stückige Maggie Ketchup) nun kannten, doch irgendwie auch unspektakulär…
Nach 230km Highway mitten durch die Rockys sind wir dann endlich in Jasper angekommen. Unsere nächste Mission: Motel-Suche!
Erstes Ziel war das Visitor Information Center – in der Hoffnung, dass wir hier auch so was wie eine Übersicht zu den ganzen Bed & Breakfasts bekommen wie in Field. Aber Fehlanzeige. Alle Infos führten zu überteuerten Hotels (159$ für ein Zimmer die Nacht in einer Absteige…) Also sind wir wieder auf eigene Faust los und habe und die B&Bs angeschaut. Teilweise recht günstig aber mit einem geteilten Badezimmer – was seeehr blöde ist oder es war nie jemand zu Hause. Die restlichen 90% waren bereits ausgebucht… Irgendwann haben wir dann (zusammen mit einem anderen Deutschen Paar, was zufällig da auch angekommen ist) ein Motel gefunden. Ein relativ kleiner Raum im ersten Stock, dafür aber nur 99$ pro Nacht.
Wir haben nur unsere Sachen hinein geschmissen und sind danach direkt wieder auf in Richtung Lokal, um ein Abendessen zu uns zu nehmen. Dabei sind wir in einem Restaurant gelandet, was eine umfangreiche Speisekarte hatte, aber irgendwie nichts davon anbieten konnte, da alles schon „ausverkauft sei“…
Am Nebentisch ist die gute Bedienung für eine Bestellung vier Mal angekommen und hat sich entschuldigt, dass sie das Gewünschte nicht haben – solange bis der Typ meinte: „Ok, bring mir einfach nur ein Burger und ein Bier!“… Das wäre mir als Bedienung ehrlich gesagt recht peinlich…
Während des Essens haben wir dann unseren nächsten Tag geplant. Dabei ist aufgefallen, dass die Miette Hot Springs (also die heißen Quellen in Jasper) ca. eine Stunde nördlich liegen, also sehr weit ab vom Schuss und gar nicht auf unserer Route. Allerdings haben diese bis 22.30h geöffnet und wir hatten es erst 21h. Also haben wir kurzum entschieden, uns auf den Weg in den Norden zu machen – denn die Schwimmsachen waren schon (noch) gepackt.
Der Weg zu den Hot Springs war mehr als nur sehenswürdig. Dort gab es überraschender Weise seeehr viel Wild Life zu sehen. So haben wir diverse Elche (bzw. Moose) beim Fressen zugesehen und auch einige Rehe beim überqueren der Straße beobachtet. Genial! Und dafür sind wir gestern sooo lange auf geblieben…
Irgendwann ging es dann ab vom Highway in Richtung Berge – und das 17km weit. Und wir hatten doch nur noch 30 Minuten, um in die Springs zu gehen… Aber es hat alles geklappt. Keine Tiere mehr auf der Straße, kein Gegenverkehr und wir waren innerhalb kürzester Zeit dort. Sabrina ist kurz hineingesprungen und hat bezahlt, ich hab das Auto geparkt und bin nachgekommen.
Die Hot Springs waren eine Art kleiner Swimmingpool vergleichbar mit einer Badeanstalt bei uns. Der Unterschied ist die Wassertemperatur (hot…) Die Quellen liefern Wasser in 59 Grad Celsius und sind somit die heißesten in den Rockys. Das Wasser wird dann auf nette 38 Grad herunter gekühlt und in die Pools geleitet. Dort waren 2 Pools, einer mit 36 Grad und einer mit 40 Grad. Und ich kann nur sagen: „Sehr entspannend!“ Hat sich in jedem Fall gelohnt, dass wir uns noch auf den Weg gemacht haben. Auch, wenn es „nur“ eine halbe Stunde gewesen ist, die wir dort hatten. Aber ehrlich gesagt hätte ich es auch nicht länger darin ausgehalten. Was wir nicht dabei hatten, war Duschgel – aber „zum Glück“ gab es dort ja welches. Ich hab es verwendet und danach wie ein Kaugummi gerochen… Auch nicht schlecht, kein Unterschied zwischen sich und dem Wrigleys zu merken…
Auch der Rückweg hat sich gelohnt. Hier sind wir ein Stück in Richtung Westen und somit in Richtung Sonnenuntergang hinein gefahren. Das hat mich natürlich sehr erfreut und ich konnte meiner Leidenschaft, dem Fotografieren, nachkommen – ganz zum Leid von Sabrina, denn sie war müde und wollte heim. Glücklicher Weise wurde ich nach jeweils 2 Fotos immer wieder ins Auto zurück gejagt, von einem Schwarm Mücken, Moskitos, Fliegen und sonstigen fliegenden Plagen.
Da ich gerade noch den Sonnenuntergang aufgenommen habe, liegt die logische Konsequenz recht nahe, dass es nun dunkel wird. Ok, es hat noch ein wenig gedauert, aber es wurde immer mehr dunkel und dunkel und dunkel. In der Dämmerung waren die zig Schilder nach dem Motto „Achtung, wilde Tiere“ natürlich sehr hilfreich, jeden annähernd tiergroßen Busch am Straßenrand als potentielle Gefahr einzustufen. Und ich kann nur sagen, es gibt dunkle Büsche, helle Büsche, noch dunklere Büsche, das ganze in groß, klein und sogar mittel. Und zu jeder Variante passt eine Tierart! Verdammt…
Irgendwann hat die Dämmerung dann nachgelassen und es war ganz dunkel. Nun kam ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzu. Die anderen Autos… Ich habe bis heute noch kein Auto hier in Kanada getroffen, was nachts nicht geblendet hätte. Irgendwie können die das Licht hier nicht richtig einstellen – oder es ist ihnen einfach egal. Eine Frage: was passiert, wenn ich auf das Heck von einem Dodge Ram (also ein seeehr großer Jeep mit sehr guten Scheinwerfern) einen 2,5 Tonnen Wohnwagen drauf packe?!? Jawohl, auch dieses Auto geht hinten in die Knie, die Scheinwerfer zeigen in Richtung Mond und leuchten sehr schön die Fahrer in den entgegenkommenden Autos an… Ich könnte jetzt weitermachen, was mit Trucks ist, die überladen sind, Autos mit Touris wie uns, die hinten im Kofferraum den halben Hausstand transportieren etc. Irgendwann ist es mir zu bunt geworden und ich bin die ganze Zeit nur noch mit „Fernlicht“ gefahren. Das coole war – es hat sich keiner Beschwert. Ich muss auch sagen, meine Maglite (Taschenlampe) kann mehr als das Fernlicht von unserem Chrysler Sebering…
Nach ca. einer Stunde Fahrt sind wir dann endlich heim gekommen und mein Adrenalinbedarf war das zweite Mal an diesem Tag mehr als nur gedeckt… Gut’s Nächtle!
- Banff Town und Sulphur Mountain
- Jasper National Park